Einblicke in das Projekt "Religionssensible politische Bildungsarbeit"

RespACT läuft seit März 2018, zunächst unter dem Namen "Religionssensible politische Bildungsarbeit" . Im Interview spricht Nicola Bischof, eine der Netzwerkstelleninhaberinnen, über ihre ersten Erfahrungen, die sie im Projekt gesammelt hat.

AKSB: Wie hast Du von dem Projekt „Religionssensible politische Bildungsarbeit“ erfahren und was hat Dich daran angesprochen?

Nicola Bischof: Von dem Projekt erfahren habe ich im Rahmen meiner Arbeit als freiberufliche Bildungsreferentin für die Akademie. Besonders angesprochen hat mich die mögliche Themenvielfalt des Projekts: zum Beispiel Zivilcourage zeigen, die Auseinandersetzung mit extremistischer Propaganda, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit begegnen, Feminismus und Gender oder der Umgang mit Sozialen Medien. Das ergibt für mich ein stimmiges Konzept, um Jugendliche gegen menschenfeindliche Ideologien zu stärken.

AKSB: Was bedeutet für Dich religionssensible politische Bildung?

Nicola Bischof: Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Eigentlich sollte politische Bildung zumindest implizit immer religionssensibel sein. Die Spannungsfelder und Themenüberschneidungen zwischen Politik und Religion waren auch bisher Bestandteil der politischen Bildungspraxis. Religion spielt eine Rolle beispielsweise in der Diskussion um kulturelle Vielfalt und um spezifische Formen von Diskriminierung aufgrund von religiösen Überzeugungen oder bei Biographie-, Heimat- und Identitätsdebatten. Ich denke, dass es bei religionssensibler politscher Bildung oft darum geht, ein Fingerspitzengefühl dafür zu entwickeln, wann Religionen zum Thema gemacht werden sollten und wann es darum geht, aufzuzeigen, in welchen Fällen vermeintlich religiös konnotierte Themen instrumentalisiert werden.

AKSB: Welche Projekte setzt Du gerade zusammen mit dem Jugendmigrationsdienst um?

Nicola Bischof: Zurzeit führen Julia Jenkner vom Jugendmigrationsdienst der Caritas in Nürnberg und ich gemeinsam drei Projekte durch. Für alle 7. Klassen der Johann-Daniel-Preißler Schule haben wir eine Reihe von 90-minütigen Modulen erarbeitet, die im zweiwöchigen Rhythmus stattfinden. Einmal im Monat bieten wir die Projektgruppe „Rebel Sisters“ an. Das Projekt ist für junge Frauen in zwei verschiedenen Altersgruppen konzipiert und verbindet feministische Theorien mit praktischen Erfahrungen. So besuchen die jungen Frauen zum Beispiel einen Selbstbehauptungskurs und diskutieren im Anschluss daran die Themen sexualisierte und häusliche Gewalt.

AKSB: Mit welchen weiteren Kooperationspartnern arbeitet Ihr zusammen?

Nicola Bischof: Wir arbeiten außerdem mit vielen Anbietern politischer Bildung in Nürnberg zusammen. Darunter sind zum Beispiel: das Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg, die Brücke KÖPRÜ, UFUQ.de, das Heroes Projekt, Aura Nürnberg e. V. oder die SJD – Die Falken.

AKSB: Was ist Dir bei Deiner Arbeit besonders wichtig?

Nicola Bischof: Am wichtigsten ist es mir, die Jugendlichen spüren zu lassen, dass das, was sie zu sagen haben, wichtig ist und dass sie ernst genommen werden. Viele Jugendliche haben oft ein Gefühl der Ohnmacht, wenn es um politische Themen geht und denken, dass das meiste eh nichts mit ihnen persönlich zu tun hat. Daher steht zum einen Wissensvermittlung im Fokus, zum anderen aber auch, Selbstwirksamkeitserfahrungen zu ermöglichen. Es geht mir darum, aufzuzeigen, wie man sich zum Beispiel in politische Debatten einmischen kann und darum, die Argumentations- und Konfliktfähigkeit zu stärken, damit die eigene Meinung Gehör findet.

AKSB: Welche besondere Herausforderung stellt sich Deiner Meinung nach in diesem Projekt?

Nicola Bischof: Eine besondere Herausforderung dieses Projekts ist, denke ich, nicht in die Stigmatisierungsfalle zu tappen. Den Rahmen zu diesem Projekt bildet das nationale Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus. Bei Jugendlichen soll aber auf keinen Fall der Eindruck entstehen: Die sind jetzt wegen uns da, weil wir Muslim/-innen sind. Uns ist ganz wichtig: Wir sind für alle Jugendlichen da und wir machen die Jugendlichen generell stark gegen menschenverachtende Ideologien. Dementsprechend haben wir die Themen und Inhalte ausgewählt.

AKSB: Gibt es eine Situation aus der Arbeit mit den Jugendlichen, die Dich besonders beeindruckt hat?

Nicola Bischof: Besonders gefreut hat mich bisher die Resonanz zu dem feministischen Projekt „Rebel Sisters“. Insgesamt 32 Schülerinnen von der 5. bis zur 10. Klasse haben sich zu dem Projekt angemeldet, sodass wir drei Gruppen bilden mussten. Das hat mir nochmal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, diesen Themen Raum zu geben und dass wir mit der Konzeption des Projekts an den Interessen der jungen Frauen anknüpfen konnten.

Über die Interview-Partnerin

Nicola Bischof arbeitete von April 2018 bis Ende 2021 für die Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg beim Projekt „Religionssensible politische Bildungsarbeit“ der AKSB mit. Sie war vonseiten der AKSB zuständig für die Politische Bildung im Bundesvorhaben „Respekt Coaches“ in Bayern.


letzte Aktualisierung: 19. Januar 2022
Erstveröffentlichung: 8. März 2019